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Schönbürzel

 

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Zuerst erschienen in der Gefiederten Welt
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Autoren Gerhard Hofmann & Claudia Mettke-Hofmann)
Rotschwanz-Schönbürzel     Estrilda caerulescens (Vieillot, 1817)

 

 

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Schönbürzelchen oder Rotschwanz-Schönbürzel zählen sicherlich zu den bezauberndsten und interessantesten Prachtfinkenarten. Da sie jedoch jahrelang in relativ großer Zahl importiert wurden und nicht gerade zu den am einfachsten zu züchtenden Arten zählen, erlangten sie längst nicht den Beliebtheitsgrad, der ihnen eigentlich gebührt. Die Situation könnte sich nun nach dem Einfuhrverbot schlagartig ändern. Zumindest das große Angebot an Importvögeln besteht nicht mehr. Ob es allerdings gelingen wird, die Art in Liebhaberhand zu erhalten, hängt jetzt allein von den Zuchtbemühungen und der Zusammenarbeit der intschoenb-1-8eressierten Züchter ab.

Rotschwanz-Schönbürzel bilden keine Unterarten. Sie sind nach NICOLAI et al. (2007) in Westafrika von Senegal, in die Zentralafrikanische Republik, sowie nordwärts bis Saint-Louis, in Gambia verbreitet. Von Guinea-Bissau ostwärts durch Mali, in Burkina Faso selten in der Yatenga Region, häufig bei Ouagadougou. In Niger häufig im „W“-Nationalpark, im nördlichen Ghana häufig, in Togo sporadisch.. In Nord Nigeria vom Kainji Lake Nationalpark bis Kaiama, nordwärts bis Zaria. Im Tschad sporadisch verbreitet, ebenso in der Zentralafrikanischen Republik. Auf Hawaii eingeführt.
In ihrer Heimat bewohnen Rotschwanz-Schönbürzel Grasland mit einzelnen Büschen. Sie halten sich gern im kurzen Gras am Rand von Dickichten und Galeriewäldern auf. Man findet sie auch in Dornbüschen zwischen Felsen, in Mali in Beständen von Pteleopsis habeensis und Acacia macrostachya  (Duhart & Descamps 1963). Die wenig scheuen Rotschwanz-Schönbürzel können auch in der Nähe von Kulturland, selbst in Gärten oder am Straßenrand beobachtet werden. In Nigeria leben sie in Feuchtgebieten mit Raphia-Dickichten, aber auch in Waldgebieten und Dickichten am Fuß der Inselberge (Fry & Keith 2004). Rotschwanz-Schönbürzel wurden in Flügen von 6-8, aber auch 20 bis 30 Individuen beobachtet. Gelegentlich treten sie auch in Gesellschaft von Schmetterlingsastrilden und Grauastrilden auf, halten sich aber mehr in den Baumkronen auf als diese. Zur Nahrungssuche bewegen sie sich rastlos in Büschen, aber auch auf dem Erdboden. Die Geschicklichkeit im Klettern deutet darauf hin, dass die Nahrung zu einem großen Teil im Gezweig gefunden oder aus Grasrispen bzw.  ähren geklaubt wird.
 Über die Ernährungsweise im Freiland liegen nur wenige Informationen vor. NICOLAI et al. (2007)schoenb-1-3 geben Grassamen, kleine Beeren oder Früchte und Insekten als Nahrung an.
Ein großes Problem war häufig die Eingewöhnung frisch importierter Schönbürzel. Meist kamen sie in weit schlechterem Zustand als ihre Verwandten wie Grauastrild oder Orangebäckchen in Europa an. Mit ein Grund ist evtl., das sie außerhalb der Brutzeit mehr Insektenkost verzehren als die meisten Estrilda Arten. Schönbürzelchen lieben die Wärme mehr als die beiden vorher erwähnten Arten. Zu allem Unglück zählen Schönbürzelchen zu den ganz wenigen afrikanischen Prachtfinkenarten, die für Luftsackmilben empfänglich sind (KNEER, HOFMANN in NICOLAI et al. 2007). Diese Parasiten führen meist erst nach Monaten zu Verlusten. Vermutlich sind Schönbürzel an diesen Parasiten nicht adaptiert und infizieren sich beim Importeur oder Züchter mit diesen vor allem von Gouldamadinen bekannten Parasiten. KNEER (in Nicolai et al. 2007) beschreibt neben den bekannten Begleiterscheinungen von Luftsackmilbenbefall wie Niesen und Kopf schleudern, dass es bei seinen Vögeln zu Gefiederstörungen im Kopfbereich kam, die bis zur Kahlköpfigkeit reichten. In den meisten Fällen wurden die befallenen Stellen nach einer Ivomec Behandlung wieder befiedert. Daß Schönbürzel mit den, man ist geneigt zu sagen, üblichen Erkrankungen wie Coccidiose, Trichomonaden, Coli,… so ihre Schwierigkeiten haben, half bei der Eingewöhnumg dieser kleinen Kobolde ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein Großteil der Importvögel Bandwürmer als Darmparasiten mitbrachte. Diese sind übrigens auch bei Schönbürzeln, die in Freivolieren gehalten oder viel mit Insekten-/larven aus dem Freiland gefüttert werden, gar nicht so selten. Aber diese Schwierigkeiten gehören jetzt ja alle –soll man sagen zum Glück?- der Vergangenheit an.
Schönbürzel sind wohl die zutraulichsten Prachtfinken und zeigen nur wenig Angst vor uns. Dass sie zudem noch äußerst unternehmungslustig und neugierig sind, macht die Vögel umso interessanter. Es ist nahe liegend, dass für solche Vögel eine bepflanzte Voliere die optimale Unterbringung ist, eine Innenvoliere mit anschließender Außenvoliere stellt wohl den Traum jedes Schönbürzelliebhabers dar. Fast noch wichtiger als die Größe der Unterbringung ist deren Strukturierung. Ersparen sollten wir den Vögeln (eigentlich auch fast allen anderen Arten) die berühmte Zuchtbox mit drei Sitzstangen, Nistkasten und Futter und Wasser. Welche Möglichkeiten zum Ausleben von Verhaltensweisen bleiben in solchen Käfigen sieht man einmal vom Fortpflanzungstrieb ab? Die Antwort heißt nur wenige. Weder sind die Vögel in der Lage ihre Umwelt zu explorieren, also ihre Neugierde auszuleben, noch schoenb-1-5ihren Bewegungsdrang, der sich längst nicht nur aufs Fliegen beschränkt. Schönbürzel lieben es, in dichtem Gestrüpp zu klettern, Grasrispen mit dem Kopf nach unten auszuklauben und jeden Tag etwas Neues zu entdecken. Sollte eine Haltung im Käfig dennoch notwendig sein, sollte dieser a) nicht zu klein gewählt werden (>1,20 x 0,60 x 0,60 cm) und b) in jedem Fall ausreichend strukturiert sein. Wir hatten unseren Paaren, die in Käfigen untergebracht waren, in kurzen Abständen Sträuße von blühenden Zweigen (Holunder, Apfel und Weide sind meist sehr beliebt), im Sommer Gräser (Knäuel-, Rispen-, Raygras) und im Herbst einfach frische Zweige von Kiefer, Tanne, Birke oder auch Schilf in eine Käfigecke gestellt. Die Ecke, die für den Nestbau vorgesehen war, wurde natürlich nicht verändert. Deren Ausschmückung bestand meist aus Kunstpflanzen und Weißtannen- bzw. Douglasienzweigen, die so angebracht wurden, dass die Vögel ein freistehendes Nest errichten konnten. Die Weißtannenzweige haben wir so gebogen, daß sich Schnittkante und Zweigspitze berührten. Diese wurden dann zusammengebunden. Die entstandene Höhlung wurde etwas ausgeformt und fertig war das „Kunstakaziengestrüpp“. Schönbürzel sind wohl auch eine der wenigen Prachtfinken, die im Zimmerfreiflug gehalten werden können. So verlockend es ist, birgt diese Haltung doch viele Gefahren, gerade ihr Erkundungsdrang kann den Vögeln in menschlichen Behausungen zum Verhängnis schoenb-1-6werden. Deswegen würden wir die Vögel, wenn überhaupt nur unter Aufsicht diesen Ausflug gönnen.
Was die Ernährung anbetrifft, kann der Vogelliebhaber seine Kreativität bei Schönbürzelchen voll ausleben. Wo andere Arten sich mit einem Menü aus Körnern und Mehlwürmern zufrieden geben, darf es bei diesen Pfleglingen durchaus ein fünf Gänge Menü aus Körnern, Insekten mit Eifutter, halbreifen Saaten und Grünfutter, Blüten, süßem Obst und  Trockennektar sein. Eigentlich sind die Vögel unkomplizierte Kostgänger, die jedoch als ausgesprochene Generalisten auch in Liebhaberhand abwechslungsreich ernährt werden müssen und fast alles ausprobieren.
Als Grundnahrung dient bei uns eine Mischung aus verschiedenen, kleinen Hirsesorten wie Senegal-,  Manna-,  Mohair-,  kleine La Plata- und etwas Japanhirse, sowie ganz wenig Glanz und reichlich Knäuelgrassamen. Eine geeignete Mischung ist z.B. die Mischung für Astrilde der Fa. Blattner, die zur Brutzeit noch um eine extra Ration Knäuelgras, Manna- und/oder Mohairhirse erweitert wird. Halbreife Saaten wie Kolben- oder Silberhirse und vor allem verschiedene Gräser (Knaul-, Einjähriges Rispen-, Flatter- und Raygras), sind äußerst beliebt und werden bei uns vor allem während der Aufzucht in größeren Mengen verfüttert, wobei wir auch hier wieder den kleineren Saaten wie Rispen-, Knäuelgras und Kolbenhirse den Vorzug geben. Leicht kann es dabei passieren, dass sich einzelne Vögel zu einseitig, z.B. nur von halbreifer Kolben- bzw Silberhirse, ernähren. In diesem Fall reduzieren wir die einseitig bevorzugte Futtersorte, so dass die Vögel auch andere Futterstoffe zu sich nehmen müssen. Wie bei vielen kleineren Astrilden hat sich bei uns eine Limitierung großer Saaten während der Aufzucht bewährt. Die großen Saaten sind häufig für die nur wenige Tage alten Nestlinge nur schwer verdaulich.
Trockennektar steht bei vielen unserer Schönbürzel ganz weit oben auf der Beliebtheitsskala und meist können auch Neuankömmlinge diesem schon nach kurzer Zeit nur schwer widerstehen und verzehren besonders zur Aufzucht reichlich davon. Während der Ruhezeit bekommen unsere Vögel diesen nahrhaften Leckerbissen nur ab und zu - die Gefahr, dass die Vögel verfetten, ist sonst zu groß. Süßes Obst, wie halbierte Weintrauen mögen fast alle unsere Schönbürzel, auch hier gilt die Limitierung außerhalb der Brutzeit. Blühende Zweige von Obstbäumen oder in Blüte stehenden Weiden werden von den Vögeln emsig auf Nektar und Pollen abgesucht, etwaige vorhandene Insekten werden dabei ebenfalls erbeutet. Man kann nicht unbedingt sagen, dass wir durch diese Zweige einen immens wichtigen Beitrag zu Ernährung unserer Vögel leisten; nein, sie helfen jedoch, die Vögel zu beschäftigen und sorgen für Abwechslung im nicht gerade aufregenden Leben unserer Volierenvögel. Wer einmal das emsige Treiben seiner Pfleglinge dabei beobachten konnte, fühlt sich unweigerlich an Kinder beim Auspacken der Weihnachtsgeschenke erinnert.
An Lebendfutter nehmen Schönbürzel praktisch was sie erwischen können, kleine, frische gehäutete Mehlwürmer ebenso wie Buffalos, blanchierte, gefrostete Pinkies oder Ameisenpuppen. In Freivolieren gehen die Vögel regelmäßig selbst auf Futtersuche und erbeuten dabei vorwiegend Spinnen und kleine Raupen. Bei mehreren Paaren hatten wir Probleme bei der Jungenaufzucht als wir ungehäutete, kleine Mehlwürmer und Buffalos anboten. Diese Futterinsekten wurden oft unverdaut in großen Mengen im Verdauungstrakt toter Nestlinge gefunden. Erst nachdem wir diese durch Ameisenpuppen und blanchierte zerkleinerte Pinkies ersetzten, zogen auch diese Brutpaare ihre Jungen zuverlässig auf. Andere Paare, denen ebenfalls Mehlwürmer und Buffalos zur Verfügung standen, bereiteten uns diese Schwierigkeiten nicht. Hier ist die Beobachtungsgabe und das Einfühlungsvermögen des Vogelliebhabers gefragt. schoenb-1-4
Schönbürzel sind sehr erfolgreich beim Fangen von flugfähigen Insekten. Vor allem kleine Falter werden regelmäßig in der Freivoliere erbeutet. Eine kleine Nachtlichtlampe in der Voliere (Grolux 8W in Handwerkerstablampe oder UV-Lampe), die Abends von Mücken und kleinen Faltern umschwärmt wird, dient als Dinnerbuffet und wird meist so lange aufgesucht, bis es dunkel wird. Die Insekten, die sich dann über Nacht in der Voliere verkrümmeln, werden am nächsten Tag erbeutet. Schönbürzel lassen sich verhältnismäßig leicht an unbekanntes Futter gewöhnen. Ihre Neugierde auch neuem Futter gegenüber ist geradezu sprichwörtlich. So lassen sie sich eigentlich ganz gut an Ei- und Weichfutter gewöhnen, versehen mit etwas Trockennektar und Grassamen (Knäuelgras) wird es meist rasch akzeptiert. Unsere Vögel erhalten zur Jungenaufzucht täglich halbreife Saaten, Keim- und Lebendfutter. Wer kann, sollte die Portionen auf mehrmals täglich verteilen. Ganz wichtig scheint uns eine saisonale Fütterung mit einem verminderten Angebot an Nektar, Lebendfutter und halbreifen Saaten nebst Keimfutter im Winter zu sein. Hilft sie doch den Jahresrhythmus zu simulieren und die Paare und deren Brutbereitschaft zu synchronisieren. Mineralien bestehend aus einem Gemisch aus handelsüblichem Grit, Taubenstein und  Eierschalen stehen ebenso wie Erde, z.B. Ferkelwühlerde, ganzjährig ohne Limitierung zur Verfügung. Um Legenot zu verhindern, zu der die Art gelegentlich neigt, wird das Körnerfutter  (beginnend ca. 4 Wochen vor der Eiablage bis vier Wochen nach Ausfliegen der Jungvögel) mit Nekton MSA bestreut.

Mit Beginn der Brutzeit waren unsere Schönbürzel stets eifrig mit der  Halmbalz beschäftigt.  Mit einem langen Halm hüpften sie wie kleine Federbälle in der für die Estrilda Arten typischen Weise auf der Stelle, indem sie das Nistsymbol schräg nach oben stießen. Dabei ließen sie ihre zweisilbige Gesangsstrophe, die ähnlich wie „ziiieh- djüüüüüüüüüü“ klingt, hören. Treffen zwei einander unbekannte Schönbürzel zusammen, so zeigen sie das sogenannte „Nicken“. Dazu schreibt KUNKEL (1959): „…die Vögel sitzen dabei nebeneinander, halten die Köpfe und Schwänze einander zugewandt und verbeugen sich abwechselnd vorein¬ander. Das Kopfgefieder erhält beim Nicken durch Anlegen der Stirnfedern eine charakteristische, eckige Form, das Bauchgefieder ist aufgeplustert, das des Bürzels gesträubt. Bei lang verpaarten Paaren verschwindet dieses Zeremoniell fast völlig und tritt nur dann wieder in Erscheinung, wenn die Vögel einige Tage getrennt waren….“. Interessanterweise wird diese Begrüßungszeremonie schoenb-1-9wirklich nur bei individuell bekannten Vögeln gezeigt, wobei unter Umständen auch Vögel anderer verwandter Arten auf diese Weise begrüßt werden. Bei uns waren dies Gemalte Amadinen und Zügelastrilde auch hier kannten sich die Vögel vom Vorjahr.
Eine weitere Besonderheit bei dieser Art entdeckte KARL. Er war der erste dem auffiel, daß man die Geschlechter bei dieser Art leicht an der Stimme unterscheiden kann. Das Weibchen hat einen zwei  oder dreisilbigen Lockruf, der wie „zieht zieht“ oder „zieht zieht zieht“ klingt. Darauf antwortet das Männchen mit seiner Gesangsstrophe die ähnlich wie „ziiieh- djüüüüüüüüüü“ klingt.
Schönbürzel sind Nestsch1äfer und übernachten nach Mög¬lichkeit in leerstehenden, unbenutzten Prachtfinken  oder Webernestern. Zum Glück neigen sie nicht zum Dauerbrüten, so dass man ihnen Nester auch während der Ruhephase bieten kann. Wie für Schlafnester bevorzugen die Vögel auch für ihre Brutnester einen hohen, möglichst gut versteckten Neststandort. Zum Nestbau wird bei unseren Vögel alles nur Erdenkliche verwendet, lange Grashalme, leere Hirserispen, Kokosfasern, Grasähren, Moos und Blätter, ebenso wie Papierstreifen oder Holzwolle. Fast alle unsere Paare bauen freistehend und polstern das Nest wie z.B. die meisten Amaranten (Lagonosticta) nicht aus. Doch werden für den Innenausbau feinere Materialien verwendet. Das Nest besitzt eigentlich  eine mehrere Zentimeter lange, nach unten gerichtete Ein¬schlupfröhre, die aber durchaus in der Länge variieren kann. Selbst dieselben Paare bauen mal lange, mal kurze Einflugröhren, wobei junge Männchen und Erstbrüter im Schnitt die kürzere Eingangsröhre bauen. In diese fliegen die Vögel von unten her sehr schnell ein und klettern dann zur Nestkammer empor. Sowohl beim Ablösen als auch vor allem beim Füttern der Nestlinge sind feine wispernde Geräusche aus dem Nest zu vernehmen. Diese scheinen der Kommunikation zwischen den Partnern bzw. zwischen den Eltern und den Nestlingen zu dienen. So sperrten bei uns die Nestlinge, die sich zum Beringen außerhalb des Nests befanden, als sie diese Wisperlaute hörten. Sie sperrten jedoch nie bei Erschütterungen wie es bei vielen anderen Vogelarten der Fall ist oder wenn die Schnabelspitze berührt wurde. Das Wispern könnte dazu dienen, im nahezu lichtdicht abgeschotteten Nest den Kontakt zwischen Eltern und Jungvögeln herzustellen.
Gelegentlich besetzen unsere Schönbürzel auch alte Nester, bessern diese aus und bauen eine kurze Einflugröhre an. Manche Paare betätigen sich sogar als Hausbesetzer. So hat eines unserer Pärchen mehrfach Nester von Gelbbauchastrilden gekappert, so dass diese gezwungen waren, neu zu bauen, während die Schönbürzel in ihrem alten Nest schon brüteten. Ein Hahnennest wir praktisch immer errichtet. In dieses werden die unmöglichsten auffälligen Gegenstände wie Eierschalenstückchen, Erdklümpchen bis zum toten zwei Tage alten und schon vertrockneten Nestling eingetragen. Während der Bebrütung des Geleges sind Schönbürzel zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk. Meist besteht das Gelege aus 3-5 Eiern, wobei ähnlich wie beim Schwarzschwanzschönbürzel Weibchen, die nur wenig Lebendfutter vor der Eiablage erhielten, fast immer die  kleineren Gelege haben. Gebrütet wird, wie bei Prachtfinken üblich, abwechselnd, wobei die Emanzipation noch nicht so weit fortgeschritten ist. Meist übernimmt das Weibchen den Hauptanteil. Die Vögel brüten ausgesprochen fest und lassen sich in der Regel auch durch Nestkontrollen nicht aus der Ruhe bringen, die bedingt durch die Nestkonstruktion ohnehin nur schwer möglich und nur von erfahrenen Liebhabern vorgenommen werden sollte.
Der Schlupf der Kleinen erfolgt nach 13-14 Tagen, die Nestlinge sind fleischfarben, mit dunkelgrauen Dunen auf Kopf und Rücken (BIELFELD 1996). Beginnend mit dem Schlupf der Jungen  suchen die Eltern unermüdlich nach lebenden Insekten und halbreifen Saaten. Es ist, als ob ein Schalter umgelegt wird. Die während der Bebrütung eingekehrte Routine wird jäh unterbrochen und die Vögel verfallen geradezu in hektischen Aktionismus. Dabei ist die erste Woche eine durchaus kritische Phase. Steht kein Futter bereit, das den Vögeln zusagt, werfen die Eltern ihren Nachwuchs aus dem Nest. Bei uns haben sich die altbekannten frischen bzw. gefrosteten Puppen der Wiesenameisen am Besten bewährt, gefolgt von kleinen Wachsmottenlarven, blanchierten, gefrosteten Pinkies, frisch gehäuteten Mehlwürmern und anderen kleinen Insekten, sowie Spinnen. Nach drei bis vier Tagen verfüttern die Altvögel auch halbreife Hirse, gekeimte Hirse und Grassamen. Hier achten wir darauf, dass während dieser Phase möglichst kleine Saaten verzehrt werden. Viele unserer Paare nehmen zur Brut sehr gern Trockennektar. Das geht soweit, daß der gesamte Kropfinhalt richtig gelb aussieht. Während der Aufzucht reduzieren wir den Zuckeranteil etwas und geben dafür mehr NEKTON Tonic-K (4 Teile herkömmlicher Trockennenktar, 1 Teil TONIC-K). Wir können nicht genug vor der Verfütterung großer Saaten warnen. Am Anfang unserer Zuchtbemühungen scheiterten immer wieder Bruten, weil die Jungvögel nicht in der Lage waren, die angebotene Nahrung zu verdauen. Neben zu großen/harten Saaten, können auch kleine, ungehäutete Mehlwürmer bzw. Buffalos dazu führen, dass die Jungen mit vollem Kropf verendet im Nest vorgefunden werden. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Temperatur während der Aufzucht. So werden bei tiefen Temperaturen, vor allem, wenn die Eltern mit 7-9 Tagen nicht mehr hudern, bestimmte Nahrungsbestandteile nicht mehr verdaut, die bei höheren Temperaturen von den Nestlingen ohne Probleme aufgeschlossen werden. Meist fliegen die Jungvögel mit 16 bis 18 Tagen aus und halten sich die ersten Tage vorwiegend in der direkten Umgebung des Nests auf. Nestlingszeiten, die wesentlich länger als 18 Tage sind, deuten meist darauf hin, dass die Jungvögel im Nest unzureichend versorgt wurden. Nicht selten ist ein Mangel an Lebendfutter oder falsches Lebendfutter dafür verantwortlich. Die Jungen Schönbürzel sind ähnlich wie ihre Eltern nur schwer in ihrer Neugierde zu bremsen. Schon wenige Tage nach dem Ausfliegen beginnen die Jungvögel erstmals selbständig am Napf mit Trockennektar zu naschen oder versuchen, die ersten halbreifen Körner zu öffnen. In der Regel fütternd die Eltern ihren Nachwuchs noch ungefähr weitere 14 Tage. Ist die Voliere ausreichend groß und bietet genügend Abwechslung für den Tatendrang der Jungvögel, können diese bei den Eltern belassen werden. Im Käfig oder nicht ausreichend strukturierten Volieren stören die Jungvögel durch ihre große Neugierde bei der Folgebrut. In diesem Fall bleibt keine andere Lösung als die Trennung etwa drei Wochen nach dem Ausfliegen. Die Jugendmauser bei unseren Jungvögeln begann etwa im Alter von 6-7 Wochen und war mit spätestens drei Monaten beendet. Da Schönbürzel Männchen sich während der Brutzeit vehement bekämpfen, empfiehlt es sich, nicht so lange mit dem Trennen der Jungen von den Eltern zu warten.
 Bei richtiger Ernährung und Unterbringung sind Schönbürzel durchaus gute und zuverlässige Zuchtvögel. Wir erzielten in den vier Jahren mit nie mehr als zwei zur Brut angesetzten Paaren 59 Jungvögel, dabei war auch die Zucht über mehrere Generationen kein Problem. Noch sind hoffentlich genügend dieser Juwelen aus dem Reich der Prachtfinken in den Volieren der Liebhaber vertreten, um eine sich selbst tragende Population aufzubauen. Es wäre mehr als Schade, wenn dieser kleine Kobold für immer aus unseren Volieren verschwinden würde. Schuld wäre aber in diesem Fall nicht das Importverbot, sondern unser eigenes Desinteresse an dieser einst im Überfluß angebotenen Prachtfinkenart. Die Menge an importierten Vögeln hätte allemal für eine Population in Liebhaberhand ausgereicht.

 



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